Nervenverletzungen und Nervenrekonstruktion

Bei jeder Verletzung im Bereich der Hände muss eine begleitende Verletzung von Nerven und Gefäßen ausgeschlossen werden. Bei unfallbedingten Verletzungen an Händen oder Armen resultieren häufig Quetschungen, Risse oder Überdehnungen von Nerven, wodurch Lähmungen und Gefühlsstörungen im entsprechenden Gebiet bedingt werden. Bei komplexen Verletzungen ist die Diagnostik oft erschwert. Hier muss der Nerv möglich vollständig in Augenschein genommen werden, um eine Verletzung sicher auszuschließen. Dazu ist die operative Freilegung in Narkose erforderlich. Bei begründetem Verdacht auf eine Nervenverletzung ist dieser Aufwand jedoch in jedem Fall gerechtfertigt, denn nach alten, nicht behandelten Nervenverletzungen drohen Muskelschwund sowie trophische und sensible Störungen im Versorgungsgebiet des betroffenen Nervs.

Primäre Nervennaht

Die Wiederherstellung von vollständig durchtrennten Nerven kann nur mittels einer Nervennaht erfolgen. Sind die Nervenenden glatt durchtrennt und ist kein Nervengewebe verloren gegangen, kann der Nerv unmittelbar (primär) genäht werden. Die Naht erfolgt in mikrochirurgischer Technik. Danach sind regelmäßige Erfolgskontrollen, eventuell auch apparativ mit Elektromyogrammen notwendig, um den Heilungsverlauf beurteilen zu können.

Sekundäre Nervennaht

Liegen aber beispielsweise begleitende ausgedehnte Knochen- und Sehnendefekte vor, ist eine primäre und spannungsfreie Naht des entsprechenden Nervs manchmal nicht möglich. Ausnahmsweise werden in einem solchen Fall die Nervenenden zunächst nur markiert, damit sie zu einem späteren Zeitpunkt problemlos aufgefunden und operiert werden können. Nach ca. 1-3 Monaten kann die weitere Versorgung stattfinden (sekundäre Nervennaht mit oder ohne Transplantat). Oft erfolgt heutzutage jedoch auch die direkte oder frühzeitige Nerventransplantation.

Nerventransplantation

Bestehen aber so erhebliche Defekte im Nervengewebe, dass eine spannungsfreie Vereinigung der Enden nicht möglich ist, kann ein Nerventransplantat eingesetzt werden. Dieses körpereigene Nervengewebe wird meist aus der Wade des Patienten entnommen. Der hierfür gern verwendete N. suralis versorgt ausschließlich ein kleines Gebiet an der Außenseite des Fußes autonom und hat keine motorische Funktion.

Sehr häufig wird die Nervenverletzung zunächst nicht erkannt. Wenn die Diagnose aber noch innerhalb den ersten 1-2 Wochen gestellt und die Verletzung operativ versorgt wird, kann gelegentlich noch eine späte Primäre Naht erfolgen. Sollten sich allerdings Narben an den Nervenstümpfen gebildet haben, so müssen diese entfernt werden. Aufgrund der dabei entstehenden Defektstrecke muss nun ein Transplantat eingebracht werden.

Nach einer isolierten Nervennaht ist generell die Ruhigstellung der Hand in einer Schiene/Gips für ca. 2 Wochen erforderlich. Ansonsten gilt das gleiche Nachbehandlungsschema wie bei den Sehnenverletzungen. Sollten sich nach 4-6 Monaten (je nach Lokalisation und Alter) keine Hinweise auf eine Funktionsfähigkeit des Nervs ergeben, kann evtl. erneut operiert werden.